Thema des Monats März 2024: Verfolgte Menschen -Christinnen und Christen als Opfer - bedrängt und verfolgt - Referat von Pastor im Ruhestand Herbert Ernst beim Informationsabend zu einer Ausstellung zu dieser Thematik - Christinnen und Christen sind über Jahrhunderte aber auch Täterinnen und Täter wie Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften - Opfer leiden häufig ihr Leben lang
In den letzten Jahren haben wir aus
verschiedenen Sichtweisen Opfer betrachtet. Häufig werden nur Täter gesehen – aber Opfer können Jahre lang, Jahrzehnte lang unter den Dingen, die ihnen angetan worden sind, leiden. Es kann auch
dazu kommen, das Opfer immer wieder Opfer werden („victimising the victim“) oder auch, dass sich über Opfer lustig gemacht wird („Blaming the victim“), oder, dass ihre berechtigten Interessen und
Forderungen „weggeschoben“ werden („Hör doch endlich auf.“ Oder: „Du bist doch selbst daran schuld“), oder es wird auf „Zeit gespielt“. Wir erleben dies manchmal bei unseren Besuchen im Gefängnis
/ Justizvollzuganstalten oder einfach auf der Straße, in Vereinen, in Schulen, in der Kirche, bei Veranstaltungen usw.. Religiöse Gesichtspunkte spielen eine immer größere Rolle – aber ebenso
politische, wirtschaftliche und weitere Gründe. Täterinnen und Täter machen sich auch häufig gern zu Opfern. Christinnen und Christen als Opfer ist das Thema des Monats. Es darf aber nicht
vergessen werden, dass Christinnen und Christen über Jahrhunderte Täterinnen und Täter waren und sind - wie Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften auch.
Pfarrer im Ruhestand Ernst Herbert beschreibt diesmal das Thema verfolgte Christinnen und Christen. Regelmäßig verschickt er Rundbriefe per Mail über verfolgte Christen. Wir haben uns über die evangelische Schule „El Porvenir“ (die Zukunft) in Madrid / Spanien kennengelernt. Er beschreibt seine Aktivitäten im CVJM so: Wenn ich mich an CVJM-Leute wende, dann denke ich oft über meine Stationen im CVJM nach:
1955-1960: CVJM Nürnberg-Gibitzenhof – Leiter: Karlheinz Eber
1960-1962: Praktikant im CVJM Würzburg – General-Sekretär: Oskar Zeiss
1962-1965: Evangelistenschule Johanneum
1965-1970: Leitender Sekretär im CVJM Erlangen
1970/1971: Programm-Sekretär im CVJM München (7 Monate)
1971-1980: Leitender Sekretär im CVJM Würzburg
1980-1988: Persönlicher Referent von zwei Landesjugendpfarrern
1988-2004: Pfarrer in Feucht, Hersbruck-Altensittenbach und Neumarkt in der Oberpfalz
In Neumarkt bin ich mit meiner Frau im Ruhestand geblieben.
Herzliche Grüße und einen gesegneten Sonntag!
Euer Ernst Herbert
Weltweit bedrängte und verfolgte Christen
1. Der tiefste Grund der Christenverfolgung steht in Johannes 15, der ja sofort für die ersten Christen in der Urgemeinde bittere Wahrheit geworden ist:
„Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat. Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb. Weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt erwählt habe, darum hasst euch die Welt. Gedenkt an das Wort, das ich euch gesagt habe: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen… Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen. Es kommt die Zeit, dass, wer euch tötet, meinen wird, er tue Gott einen Dienst damit“.
Fazit: Die Nachfolger Jesu werden gehasst, weil Jesus gehasst wird. Die Nachfolger Jesu werden verfolgt, weil Jesus verfolgt worden ist.
2. Die häufigsten Gründe der Christenverfolgung:
1. Wenn der Staat keine Religionsfreiheit gewährt oder diese einschränkt.
2. Wenn das schnelle Wachstum der Christen als Bedrohung angesehen wird wie in China oder in Indonesien.
3. Wenn sich eine Religion wie z.B. der Islam als die allein richtige Religion versteht.
4. Wenn es zu einer Verknüpfung von Nationalismus und Religion kommt wie zum Beispiel in Indien. „Ein Inder ist ein Hindu oder er ist kein Inder bzw. in der Türkei: Ein Türke ist ein Muslim oder er ist kein Muslim.
5. Wenn die Christen ihre Stimme für die Einhaltung der Menschenreche erheben oder als „Agenten“ westlicher Demokratien betrachtet werden – so zum Beispiel im Iran, in dem der Religionswechsel von der Staatsreligion Islam zum Christentum als „Gefährdung der inneren Sicherheit“ eingestuft und in der Regel mit einer mehrjährigen Gefängnisstrafe bestraft wird.
6. In den ehemaligen Kolonien werden die Christen durch die wieder erstarkenden Naturreligionen zum Beispiel auf den Inseln Mauritius und den Malediven bedrängt.
3. Wie verbreitet Christenverfolgung heute ist?
Weltweit werden aktuell mehr als 360 Millionen Christen, die in über 100 Ländern leben, weit bedrängt, diskriminiert und manchmal auch blutig verfolgt oder gar ermordet.
Alle Menschenrechtsorganisationen stimmen darin überein, dass die Christen,
die zahlenmäßig am häufigsten verfolgten Anhänger einer Religion sind, aber es gibt auch verfolgte Muslime (die sich untereinander sehr stark verfolgen – immer öfter bis auf’s Blut), aber auch Buddhisten, Hindus und selbst Atheisten.
Der jährlich erscheinende „Weltverfolgungsindex“ von Open Doors listet die 50 Verfolgerländer auf, die nach deren Kriterien ihre Christen am stärksten diskriminieren und verfolgen – siehe ausliegender „Weltverfolgungsindex“ für Sie zum Mitnehmen mit jeweils kurzen Informationen, von wem die Verfolgung im jeweiligen Land ausgeht.
4. Was sind die Gründe für die Verfolgung der Christen in diesen Ländern?
In 37 dieser 50 Länder ist der Islam die Mehrheitsreligion, die andere Religionen nicht oder nur sehr eingeschränkt gelten. Es gibt zwei afrikanische Länder, in denen die Bevölkerung je zur Hälfte muslimisch bzw. christlich ist – es sind dies Nigeria und Kenia.
Weiter gibt es drei kommunistische Länder: Nordkorea, China und Vietnam und weitere drei mehrheitlich buddhistische Länder: Myanmar, Laos und Bhutan. In Indien ist die Mehrheitsreligion der Hinduismus. Christenverfolgung gibt es erstaunlicherweise auch in gleich vier mehrheitlich christlichen Ländern – alle in Lateinamerika, in denen Christen von Freiheits-kämpfern oder von Kriminellen schwer bekämpft werden und die evangelikalen Freikirchen von der jeweils katholischen Staatskirche.
5. UN-Menschenrechtserklärung von 1948 im Vergleich zur Kairoer Menschenrechtserklärung von 1980 mit dem Scharia-Vorbehalt – auch dazu habe ich Ihnen ein Blatt zum Mitnehmen ausgelegt.
Entscheidend ist der Scharia-Vorbehalt:
Artikel 24: Alle Rechte und Freiheiten, die in dieser Erklärung genannt wurden, unterstehen der islamischen Scharia.
Artikel 25: Die islamische Scharia ist die einzig zuständige Quelle der Auslegung oder Erklärung jedes einzelnen Artikels
dieser Erklärung.
In der für die Muslime geltenden „Scharia“ ist Allah der einzige Gott und ist der Oberste Gesetzgeber.
6. Zwei Koran-Suren zum Religionswechsel
Eine frühe Sure sagt: „Es gibt keinen Zwang zur Religion.“ Das gäbe die Freiheit zum Religionswechsel, die heute in den meisten muslimisch geprägten Ländern nicht praktiziert wird.
Eine spätere Sure sagt: „Wer die Religion wechselt, der muss sterben.“ Deshalb gilt in der Gegenwart in manchen Ländern für den Abfall vom Islam die Todesstrafe – wie zum Beispiel in Saudi-Arabien.
Für den Islam gilt: die spätere Sure löst die ältere Sure ab.
7. Die drei schärfsten Waffen gegen die Religionsfreiheit
- Wenn in einem Land ein absolutes Missionsverbot wie zum Beispiel in Saudi-Arabien besteht, aber missioniert wird.
- Wenn in einem Land ein Apostasiegesetz (es verbietet den Abfall zum Beispiel vom Islam) in Geltung ist wie zum Beispiel im Iran.
- Wenn in einem Land ein Blasphemie-Gesetz gilt wie in Pakistan – darunter fällt alles, was als Beleidigung des Propheten verstanden wird.
8. Anders als bei den vielen muslimisch geprägten Ländern will ich am Beispiel vom kommunistisch geprägten China auf verschiedene Aspekte eingehen.
8.1 Unterscheidung von staatstreuen und nicht staatstreuen Kirchen
- „Staatstreu“ ist auf der katholischen Seite, die patriotische Vereinigung. Sie müssen sich vom Staat registrieren und kontrollieren lassen. Ihre Bischöfe werden nicht von Rom ernannt, sondern vom Staat eingesetzt. – Auf der evangelischen Seite ist es die sogenannte Drei-Selbst-Bewegung, die wie die „Patriotische Vereinigung der Katholiken eigene Schulen haben dürfen. Diakonie und Caritas sind für die Gesellschaft aktiv.
Neben der Verpflichtung zur Staatstreue gelten für Christen zusätzlich folgende Einschränkungen:
1. Sie dürfen keine politischen und keine staatlichen Ämter übernehmen.
2. Die Kirchen dürfen keinen Einfluss auf die Erziehung nehmen, weshalb es ihnen nicht erlaubt ist, eine eigene Kinder- und Jugendarbeit zu machen.
3. Erst mit der Volljährigkeit darf man sich in China taufen lassen.
Für die sogenannte „Drei-Selbst-Bewegung“ gelten die drei Grundsätze:
1. Sie müssen sich selber finanzieren – also ohne ausländische Gelder auskommen.
2. Sie müssen sich selber organisieren – also ohne internationaleMitgliedschaften.
3. Sie müssen selber missionarisch tätig sein – ohne ausländische Missionare arbeiten.
Nicht staatstreu ist auf der katholischen Seite die sogenannt papsttreue Kirche. Auf der evangelischen Seite ist es die große Hauskirchenbewegung, die sich der staatlichen Registrierung und Reglementierung entzieht.
Dennoch gelingt es dem Staat, eine möglichst dichte Kontrolle aller christlichen Aktivitäten durchzuführen.
In den großen Städten geht es den Gemeinden in der Regel besser als auf dem Land.
Die Gemeinden auf dem Land und in den großstadtfernen Regionen werden die Christen viel stärker kontrolliert und im Alltag auch schikaniert.
8.2 Wozu eine Religion nicht benützt werden darf
Niemand darf eine Religion benützen, Aktivitäten durchzuführen, die die öffentliche Ordnung stören, die körperliche Gesundheit von Bürgern schädigen oder das Erziehungssystem des Staates beeinträchtigen. Die religiösen Organisationen und Angelegenheiten dürfen von keiner ausländischen Kraft beherrscht werden (dies zielt besonders darauf, den Einfluss des Vatikans zu verhindern).
8.3 Kirchen- und Parteimitgliedschaft schließen sich aus
Kein Parteimitglied darf einer Kirche angehören, aber es beunruhigt die kommunistischen Staatsführer, dass es inzwischen mehr Christen im Land gibt als Parteimitglieder.
8.4 Christen werden immer häufiger in großen Firmen bei gleicher fachlichen Qualifikation wegen ihrer allgemein bekannten Verlässlichkeit bevorzugt eingestellt.
Es verwundert, dass in China die weltweit größte Bibeldruckerei arbeitet – jedoch fast nur für den weltweiten Export.
9. Was können wir für verfolgte Christen tun?
1. Wir sollten uns über ihre Lage in den verschiedenen Teilen der Welt informieren, die Informationen an möglichst viele weitergeben und damit auch an die Öffentlichkeit gehen.
2. Wir sollten regelmäßig für die Verfolgten beten – in der gottesdienstlichen Fürbitte, in unseren Gebetsgemeinschaften wie auch im persönlichen Gebet. Deutschlandweit erhalten über 2.300 Personen in ganz Deutschland die von mir geschriebene „Stacheldrahtkerze“ (siehe Tischvorlage zum Mitnehmen), mit der ich monatlich zweimal über aktuelle Verfolgungsbeispiele informiere und Vorschläge zur Fürbitte mache.
Wer sie zugesandt haben möchte, kann sich in die aufliegende Bestell-Liste mit seiner Mail-Adresse eintragen.
Ich zitiere solch ein Gebet für weltweit bedrängte und verfolgte Christen:
Himmlischer Vater, nach deinem für uns geheimnisvollen Ratschluss lässt du die Christen von Anfang an in der Urgemeinde teilnehmen am Leiden deines Sohnes.
Stärke unsere Schwestern und Brüder, die weltweit wegen ihres Glaubens leiden müssen und verfolgt werden bis hin zum Martyrium.
Gib allen verfolgten Christen Kraft und Geduld in ihrer oft so großen Bedrängnis und dass sie dir dennoch vertrauen und sich als deine Zeugen bewähren trotz aller Anfeindungen.
Schenke ihnen nicht nur die tägliche Kraft in der Nachfolge Christi das ihnen auferlegte Kreuz zu tragen. Stärke sie im Leiden in der Gewissheit, dass ihre Namen durch dich im Buch des Lebens eingeschrieben sind.
Wir bitten dich aber auch um die Verfolger, dass sie ihr Unrecht erkennen und wenn möglich selber umkehren und als ihren Gott und Heiland anerkennen. Wir bitten dich auch um Menschen anderen Glaubens, die wegen ihres jeweiligen Glaubens leiden müssen, dass auch sie durchhalten.
Herr, schenke auch uns die Kraft zur Treue. Amen.
3. Wir sollten uns mit Spenden für Hilfsprojekte für verfolgte Christen beteiligen – wir tun das auch heute Abend – die Kollekte wird noch angesagt.
4. Wir sollen unsere Politiker dazu auffordern, dass sie weltweit für die verfolgten Christen aktiv werden, um deren Los zu verbessern und da, wo es nötig ist, christliche Flüchtlinge bei uns aufzunehmen. Wir können uns dabei auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung berufen, der die Bedeutung des Menschenrechtsschutzes hervorhebt. Ich zitiere:
„Kontinuierlich wird sich die Bundesregierung weltweit für Religionsfreiheit einsetzen und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Lage christlicher Minderheiten richten!“
5. Wir können Protestschreiben an die Verfolgerstaaten unterzeichnen, die zum Beispiel von „amnesty international“, der „Internationalen Gesellschaft für Menschen-rechte“ oder christlichen Menschenrechtsorganisationen mit der Bitte um Unterzeichnung aufgelegt werden. So wurde im Iran im März der christliche Konver-tit und Pastor Youcef Nadarkahni vorzeitig aus seiner zehnjährigen Haft nach vier Jahren entlassen – auch wir in Neumarkt haben mehr als 5.000 Unter-schriften für seine Freilassung an die Regierung in Teheran geschickt. Nah seiner Freilassung droht ihm jedoch eine zweijährige Verbannung – 2.000 km entfernt von seinem Heimatort Raschd und möglicherweise auch noch eine Auspeitschung.
Der sowjetische Menschenrechtler Sacharow hat nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gesagt: „Wir haben überlebt, weil ihr unsere Namen kennt und euch namentlich für uns eingesetzt habt.“
Keiner von uns kann nach diesen Informationen das alte Sprichwort Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß zu seiner Verteidigung sagen. Das Pauluswort Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit nimmt uns in Pflicht, uns für die diskriminierten, benachteiligten und verfolgten Christen einzusetzen.