Thema des Monats Februar 2017: Tischtennis mit sozialen Schwüngen - der TTC Magni Braunschweig ist ein "Leuchturm" im sozialen Tischtennissport - Training und Punktspiele - Hobbytischtennis - integrativ und inklusiv - Gesundheitssport - Gefängnissport - gesellschaftliche Verantwortung - Niedersächsische Sportmedaille - "in Vielfalt verbunden - Tischtennis mit Respekt" -
Das Thema des Monats im Februar 2017 sind diesmal die sozialsportlichen Aktivitäten des TTC Magni Braunschweig im Tischtennis. Der Magni-Vorsitzende Martin Stützer beschreibt die Aktionen des Tischtennisvereins. Martin Stützer ist neben seinem Ehrenamt Leiter der Migrationsberatung der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Braunschweig. Er ist ein profunder Kenner von sozialen Nöten und Problemen von Menschen und kennt Grenzen und Möglichkeiten des organisierten Sports. In Braunschweig und weit über die Stadt hinaus hat zahlreiche Veranstaltungen zur Integration von Neubürgerinnen und Neubürgern ("Newcomern") mitorganisiert. Seit etwa 15 Jahren bestehen sportfreundschaftliche Beziehungen zwischen den „Magnianern“ und den Sozialtischtennisspielerinnen und Sozialtischtennisspielern vom CVJM Wolfsburg – besonders bei Sportvergleichen in der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel und Bruanschweig und im integrativen Sport.
Zum Vorstand des TTC Magni
Braunschweig gehören neben Martin Stützer noch Matthias Reiner, Lür Lemmermann und Peter Franke. Der TTC trainiert in der Sporthalle an der Kurt-Schumacher-Straße. Internet: www.ttc-magni.de. E-Mail: m.stuetzer@ttc-magni.de. Telefon: 05341-68474.
Andere Artikel zum Thema Tischtennis auf unseren Internetauftritten: Tischtennis in der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel https://www.cvjm-wolfsburg.de/berichte-2016/20-11-2016/, Witzige Idee: Lür Lemmermann vom TTC Magni sammelt kleine und große Tischtennisschläger (hier klicken), Tischtennis-Rundlauf-Team-Cup des Wolfsburger Stadtverbandes Tischtennis (hier klicken) und unsere Tischtennis-Pausenliga (hier klicken).
Tischtennisclub (TTC) Magni Braunschweig
Der TTC Magni Braunschweig ist mit rund 75 Mitgliedern ein kleiner Sportverein, der jedoch schon viel bewegt hat: Nicht nur auf Papier hat der Tischtennisverein sein interkulturelles Leitbild festgehalten, sondern er setzt es auch im Vereinsalltag um – und wurde dafür 2011 mit der Niedersächsischen Sportmedaille ausgezeichnet. Geehrt wurde „herausragende Vereinsarbeit“ im sozialen und integrativen Bereich. Der Verein setzt mit seinen Wettkampf-, Jugend- und Hobbyspielern auch zukünftig auf das Miteinander und auf Respekt.
Der Verein
Der TTC Magni wurde 1979 gegründet. Seit März 1992 leitet Martin Stützer als Vorsitzender die Geschicke des Clubs. Heute nehmen sechs Erwachsenenteams- und eine Jugendmannschaft am Wettkampfsport teil. Bei der Frage nach den größten sportlichen Erfolgen, weist der Magni-Vorstand auf den Aufstieg in die Bezirksliga sowie auf den insgesamt dreimaligen Gewinn des sogenannten "Vorgabe-Pokalwettbewerbs" hin.
Als Besonderheit kann der Club aber auch auf eine „Hobbygruppe“ verweisen: Unter Anleitung der lizensierten Übungsleiterin Viola Ohse kommen hier regelmäßig ganz unterschiedliche Menschen zusammen, um gemeinsam unter dem Dach des TTC Magni Tischtennis zu spielen: Freizeitspieler mit oder ohne Migrationshintergrund und in verschiedenen Altersstufen - Anfänger und Wiedereinsteiger, die aus unterschiedlichen Motiven kurzzeitig oder auch dauerhaft nicht am Wettkampfsport teilnehmen können oder wollen: „Erlebnis vor Ergebnis“ ist ihr Motto!
Das Umfeld
Der TTC Magni nutzt an fünf Tagen in der Woche eine Sporthalle am Rande der Innenstadt für seine Trainingsstunden. Bedingt durch die Innenstadtlage ist die Sporthalle zwar einerseits zentral gelegen und gut erreichbar, andererseits fehlt dem Club hierdurch aber auch die Einbindung in die Gemeinschaft eines Dorfes oder eines Stadtteils. Umso wichtiger sind die Vernetzung der Mitglieder untereinander und die Förderung eines Gemeinschaftsgefühls.
Sozial-sportliches Engagement
Nach einer langen Phase ohne aktive Nachwuchsgruppe bildete sich 2003 im Anschluss an das vom Braunschweiger Präventionsrat initiierte Projekt „Sport als Brücke zur Integration“ eine neue Tischtennis-Jugendgruppe im TTC Magni. Seit diesem Zeitpunkt leitet der aus der ehemaligen UdSSR zugewanderte Willi Rosenke das Jugendtraining. Er ist diplomierter Sportlehrer, kann aber in Deutschland nicht hauptberuflich in seinem studierten Beruf arbeiten.
Von 2006 bis 2012 wirkte der TTC Magni anschließend als „Stützpunktverein“ im Programm „Integration durch Sport“ mit.
Der Verein ist aber auch bemüht, erwachsene Zuwanderer als Hobby- oder Wettkampsportler zu gewinnen. Die Kontaktaufnahme vollzieht sich beispielsweise durch sogenannte "niederschwellige" Schnupperstunden und öffentliche Mitspielaktionen bei Festen und Veranstaltungen. Dort informieren Vereinsmitglieder über die Sportangebote im TTC Magni. So beteiligte sich der Club an der „Braunschweiger Integrationsmesse“ und am inklusiven Sportfest „Sport für alle“, am Rahmenprogramm des Landesturnfests, an der Präsentation von Sportangeboten in einem Einkaufszentrum sowie an einer Veranstaltungsreihe des Deutschen Tischtennisbundes „Sport in sozialen Brennpunkten“.
Weiterhin engagiert sich der Verein im Bereich „Sport mit Inhaftierten“: Seit 2002 nehmen Akteure des TTC Magni an vom CVJM Wolfsburg organisierten Tischtennis-Turnieren in der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel teil. Für dieses Engagement wurden die Kooperationspartner im Jahr 2007 vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler im Rahmen des Wettbewerbs „Sterne des Sports“ ausgezeichnet.
Tischtennis als Gesundheitssport
Schon seit 2008 bietet der TTC Magni Kurse unter dem Titel „Gesundheitssport mit Tischtennis“ an. Die Angebote richten sich an Einheimische und Migranten, die in der Vergangenheit keinen Sport ausgeübt haben oder die sich in letzter Zeit nicht regelmäßig sportlich betätigt haben. Vorkenntnisse in der Sportart Tischtennis sind nicht erforderlich. Neben einem Herz- und Kreislauftraining durch gesundheitsorientiertes Ausdauertraining, der Förderung von Spaß an der Bewegung, der Schulung der Koordination und der Reaktionsfähigkeit sollen teilnehmende Migranten an den organisierten Sport herangeführt werden und Kontakte zu Teilnehmern ohne Migrationshintergrund aufbauen.
Mit diesem Angebot beteiligte sich der Club in den Jahren 2014 und 2015 auch am vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten und vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) organisierten Projekt "Zugewandert und Geblieben - Sport für Ältere aus aller Welt (ZuG)". Bundesweit wollte der DOSB hierdurch ältere Frauen und Männer mit und ohne Migrationshintergrund für unterschiedliche Bewegungs- und Gesundheitssportangebote in Sportvereinen gewinnen.
Bezüglich des Zugangs zur Zielgruppe „Ältere Migranten“ war die berufliche Tätigkeit von Martin Stützer mal wieder sehr hilfreich: Als Leiter der AWO-Migrationsberatung Braunschweig verfügt der Vereinsvorsitzende über langjährige berufliche Erfahrung in der Integrationsarbeit, über zahlreiche Verbindungen zu Netzwerkpartnern sowie über persönliche Kontakte zu Migranten.
Nach Beendigung der Maßnahme würdigte der Deutsche Olympische Sportbund das Projekt-Engagement der teilnehmenden Verbände und Vereine.
Mit Blick auf das „ZuG-Projekt“ lobt Martin Stützer die Rahmenbedingungen, die den Einsatz einer qualifizierten Übungsleiterin, eines dank seiner Herkunft und Sprachkenntnisse sehr hilfreichen Assistenten und eines „Kümmerers“, der sich außerhalb der praktischen Einheiten der Organisation und Kontaktaufbau und –pflege widmen konnte, ermöglichten.
Gesellschaftliche Verantwortung
Sportvereine müssen aus Martin Stützers Sicht heutzutage vielfältige Aufgaben auch abseits der Übungsstunden erfüllen, um attraktiv für die Mitglieder zu bleiben. Nur so kann auch ein wichtiger Beitrag für den Zusammenhalt der Gesellschaft geleistet werden und sportliche Erfolge – wenn auch nicht um jeden Preis – erreicht werden. Der alleinige Verweis auf offen stehende Türen und ein pauschaler Hinweis auf die „Freude über neue Mitglieder“ genügen nicht.
Um Migrantinnen und Migranten als Kurs- oder Vereinsmitglieder gewinnen zu können, seien persönliche Kontakte der größte Erfolgsfaktor. Stützer rät: „Nutzen Sie Schlüsselpersonen mit Verbindungen zu Migranten, um Kontakte zu knüpfen. Dies können z. B. Sozialberater, Lehrer oder auch Leiter von Treffpunkten ausländischer Begegnungsstätten bzw. Clubs sein“. Und weiter: „Keine Broschüre kann eine praktische Einheit ersetzen. Günstig ist es, wenn man die Chance hat, eine kleine Gruppe von Migranten gemeinsam zur Schnupperstunde einzuladen – zum Beispiel Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Sprachkurses.“
Auch die Kontaktaufnahme zu Verwaltung und lokaler Politik empfiehlt Martin Stützer: „Stellen Sie Ihr Angebot dem kommunalen Integrationsbeauftragten vor und bitten Sie um Weitergabe in dessen Netzwerken und Mail-Verteilern. Fragen Sie dort auch, ob er eine Tür öffnen kann, um das Projekt im zuständigen politischen Fachausschuss der Kommunalpolitik präsentieren zu können“.
Hier noch ein weiterer Tipp des Mitarbeiters der Arbeiterwohlfahrt (AWO): „Werben Sie für Ihr Angebot mit kleinen praktischen Elementen auf Veranstaltungen, wo Migranten teilnehmen. Das können zum Beispiel. Begegnungs-, Spiel- oder Straßenfeste sein“.
Früher sei Martin Stützer manchmal wegen des sozialen Engagements der Magnianer belächelt worden. Inzwischen zögen aber viele Vereine nach und nehmen sich ein Beispiel am TTC Magni Braunschweig und engagieren sich auch im sozialen Bereich, ist Martin Stützer froh und stolz.